Überblick zum Vertragsarztrechtsänderungsgesetz
Nach mehreren Entwürfen hat das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) zum 1.1.2007 Geltung erlangt.
Demnach sind in etwa folgende Änderungen für niedergelassene Vertragsärzte/ Psychotherapeuten und angestellte Ärzte eingetreten:
Übersicht
A. Flexibilisierung bei der Anstellung von Ärzten/Psychotherapeuten
Die Möglichkeiten für die Anstellung von Ärzten werden erheblich verbessert.
- Soweit keine Zulassungsbeschränkungen bestehen, dürfen Ärzte - auch mit anderen Facharztbezeichnungen sowie mit individueller Arbeitszeitgestaltung - beschäftigt werden.
- Bestehen Zulassungsbeschränkungen sind jedoch die Voraussetzungen der Fachgleichheit und der Leistungsbeschränkung zu beachten.
- Es ist zu erwarten, dass die Anpassung des Bundesmantelvertrages Ärzte weitere Konkretisierungen vorsehen wird.
- Die angestellten Ärzte werden Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung, sofern sie mindestens halbtags beschäftigt werden.
- Vertragsärzte können gleichzeitig auch Beschäftigte in einem Krankenhaus sein. Die bisherige Ungeeignetheit i. S. des § 20 der Ärzte-Zulassungsverordnung entfällt.
- Damit sind auch die Möglichkeiten für eine "Teilzulassung" eröffnet.
- Wie bei den medizinischen Versorgungszentren kann ein Vertragsarzt auf seine Zulassung verzichten und sich bei einem Kollegen anstellen lassen.
- Hochschullehrer für Allgemeinmedizin können bei Vertragsärzten angestellt werden. Dies ist auch im gesperrten Planungsbereich möglich. Gleiches gilt für die wissenschaftlichen Mitarbeiter dieser Hochschullehrer. Voraussetzung: Eintragung ins Arztregister. Anstellungsberechtigt sind insbesondere Allgemeinärzte, Kinderärzte, hausärztliche Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, praktische Ärzte.
Sonstige Regelungen im Zulassungrecht
Die Teilzulassung
- Der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt/Psychotherapeut kann nunmehr den sich aus seiner Zulassung ergebende Auftrag für eine Vollzeittätigkeit auf die Hälfte einer hauptberuflichen Tätigkeit beschränken (Teilzulassung).
- Bezüglich der zweiten Hälfte kann der Zulassungsausschuss eine Entziehung oder ein Ruhen veranlassen.
- Künftig ist es einem Vertragsarzt gestattet, Mitglied mehrerer Kassenärztlicher Vereinigungen zu werden und dort jeweils Teilzulassungen zu erhalten. Einzelheiten sind derzeit noch nicht vollständig feststehend.
- Änderung des § 20 Abs. 2 Ärzte-Zulassungsverordnung danach ist eine weitere Tätigkeit nach Art und Umfang neben der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht mehr unvereinbar.
- Anpassungen der Bedarfsplanung-Richtlinien sind in Kürze zu erwarten, dass sich aus der Flexibilisierung eine Änderung der Planungsvorgaben ergibt.
B. Zusätzliche Tätigkeitsorte für den Vertragsarzt /Psycho-therapeuten ("Zweig-Praxis")
- Vertragsärzte dürfen neben ihrem Vertragsarztsitz an weiteren Praxissitzen tätig werden. Dabei dürfen Sie auch angestellte Ärzte zur Erfüllung ihres Versorgungsauftrages einsetzen.
- Die Zweigpraxis kann auch überörtlich und außerhalb des Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung errichtet werden. In diesem Fall benötigt der Vertragsarzt am zweiten Tätigkeitsort eine Ermächtigung der Kassenärztlichen Vereinigung; auf diese hat der Anspruch, sofern die Voraussetzungen vorliegen.
- Der Vertragsarzt darf für die Tätigkeit in der Zweigpraxis weitere Ärzte anstellen.
C. Gemeinsame Berufsausübung
- Die Vertragsärzte/Leistungserbringer können örtliche und überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften bilden. Dabei können Verbindungen auch zwischen den Bezirken von Kassenärztlichen Vereinigungen hergestellt werden. (KV-übergreifend)
- Partner der Berufsausübungsgemeinschaft können alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer sein (Ärzte, Psychotherapeuten, Medizinische Versorgungszentren, und jeweils untereinander).
- Der Begriff Berufsausübungsgemeinschaft ist gesellschaftsrechtlich, sozialversicherungsrechtlich und steuerrechtlich genau zuzuordnen, da sich aus der neuen Definition eine Zuordnung nicht mehr eindeutig ergibt.
D. Die Teilberufsausübungsgemeinschaft (Teilgemeinschaftspraxis)
- Die Leistungserbringer können die gemeinsame Berufsausübung auf einzelne Leistungen beschränken. Dabei sind allerdings die überweisungsgebundenen/medizinisch-technischen Leistungen ausgenommen ( z.B.: Gyn. mit Labor)
E. Die Altersgrenzen
- Die Alterszugangsgrenze gem. § 25 der Ärzte-Zulassungsverordnung (55 Jahre) ist durch die neue Regelung entfallen. Künftig können also auch Ärzte/Psychotherapeuten oberhalb dieser Altersgrenze Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung erhalten.
- Die Altersgrenze für das Ende das vertragsärztlichen Tätigkeit mit 68 Jahren ist mit Einführung der zweiten Stufe der rechtlichen Änderungen zum Vertragsarztrecht ( GKV - ORG WG) ebenfalls entfallen. Dies ab dem 30.09.2008.
F. Sonstiges
- Daneben ist mittlerweile die Neufassung des Bundesmantelvertrages - Ärzte mit dem Stand 17.03.2009 in Kraft getreten. Der Bundesmantelvertrag ist neben der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte die wichtigste Rechtsquelle für die vertragsärztliche Versorgung. Gerne informieren wir Sie über die mittlerweile eingetretenen weiteren Verbesserungen und Erleichterungen, die viele Hindernisse für die Vertragsärzte beseitigt haben.
Eine der wichtigsten Neuregelungen ist die Möglichkeit als Vertragsarzt auf seine Zulassung zu Gunsten eines anderen Teilnehmers im vertragsärztlichen System (MVZ oder weiterer Vertragsarzt) zu verzichten, um sich in diesen Einheiten dann als angestellter Arzt zu betätigen.
Diese Regelung ist ein erster Schritt in eine Neustrukturierung der bedarfsplanungsrechtlichen Möglichkeiten und gibt einzelnen Vertragsärzten oder MVZ´s die Möglichkeit, vertragsärztliche Sitze zu "häufeln". Dazu bedarf es allerdings einer definierten rechtlichen und tatsächlichen Vorgehensweise und es sollten gerade bei dieser Gestaltung auch die bestehenden Risiken gesehen werden.
Auch die verbesserten Möglichkeiten der planungsbezirks- und fachübergreifenden Zusammenarbeit der Vertragsärzte hat dazu beigetragen, dass die vertragsärztliche Versorgung mit neuen, unternehmerischen und betriebswirtschaftlichen Elementen angereichert wurde. Es bleibt abzuwarten, ob die Vertragsärzte dies in eigenem Umfang ausreichend nutzen, oder solche unternehmerischen Chancen nur von Gesundheitskonzernen gesehen und wahrgenommen werden.
G. Neue Regelungen für Medizinische Versorgungszentren
- Das Merkmal "fachübergreifend" als Voraussetzung für die Errichtung eines medizinischen Versorgungszentrums wird konkretisiert.
- Künftig ist auch ausreichend wenden wenigstens zwei verschiedene Schwerpunktbezeichnungen geführt werden. Sofern unterschiedliche Facharztbezeichnungen vorhanden, sind diese ausreichend.
- Ein medizinisches Versorgungszentrum kann mittlerweile Ärzte und Zahnärzte beschäftigen. Im Gegensatz dazu, ist eine Gemeinschaftspraxis zwischen Ärzten und Zahnärzten nach wie vor nicht möglich (aber PG).
- Krankenhausärzte dürfen gleichzeitig in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig werden.
- Sofern das medizinischen Versorgungszentrum die Rechtsform der GmbH wählt, müssen die Gesellschafter persönliche Bürgschaftserklärungen für Honorarforderungen der KV abgeben.
- Wegfall der Privilegierung der Fünf-Jahres Anstellung. Nach den neuen Regelungen besteht die Möglichkeit, nach einer fünfjährigen Tätigkeit eine eigene Zulassung für den Angestellten im medizinischen Versorgungszentrum zu erhalten, nicht mehr.
Für Ihre Fragen zu diesem Themenkomplex und zu anderen Bereichen der Beratung von Ärzten und Krankenhäusern stehen wir gerne zur Verfügung. Ferner bieten wir alle steuerlichen Leistungen (Löhne, Buchhaltung, Abschlüsse, Steuererklärungen) sowie betriebswirtschaftliche Praxisberatung auch für Gründer und Praxisabgeber an.
Kanzlei Hartmann
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH i. G.
Rechtsanwalt
Claudio Heinz Hartmann
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Medizinrecht